Die Übung: Innere & äußere Haltung


Ein kontemplativer Selbstversuch von Kirsten Westhuis
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Wie ist das eigentlich, wenn man sich auf dem Weg macht? – Dieses „wie“ hat Kirsten Westhuis in ihrem Artikel „Die leere Schale meiner Sehnsucht“ anschaulich beschrieben. Sie ist Redakteurin im Verein Andere Zeiten (u.a. Herausgeber des Anderen Advents) und bat mich, sie in die Übung der Kontemplation einzuführen und sechs Wochen lang als Kontemplationslehrer zu begleiten. Ihr Bericht beginnt folgendermaßen:

Ich sitze auf meinem Meditationsbänkchen. Den Rücken aufgerichtet. Den Blick leicht gesenkt. Die Lider halb geschlossen. Neben mir auf der Decke liegt eine elektronische Eieruhr, die 15 Minuten runterzählt. Mein Knie zwickt. Am Hinterkopf juckt es. Meine Brille ist dreckig. Ich habe die Mülltonne noch nicht an die Straße gestellt. Was macht wohl meine alte Schulfreundin Ester? Ich muss endlich neue Schuhe für meine Tochter kauffen. STOPP!!!
Ich seufze. Schon wieder bin ich mit meiner Aufmerksamkeit irgendwo – nur nicht im Hier und Jetzt. …

Ich denke, wir alle kennen diese Art von innerem Selbstgespräch, wenn wir uns eigentlich ganz der Stille hinhalten wollen! Und so empfehle ich diesen Artikel nicht nur denjenigen von Euch, die sich vorgenommen haben, „nun aber wirklich“ mit dem Sitzen anzufangen, sondern auch all jenen, die schon länger unterwegs sind. Der Artikel ermutigt, „dran“ zu bleiben – in heiterer Gelassenheit!

Der Meditationsplatz

Der Meditationsplatz
Eim fester Platz zum Meditieren!

 

Richte Dir zuhause einen festen Meditationsplatz ein.

Vielleicht stellst Du eine Kerze dort hin und zündest ein Räucherstäbchen an, jedoch sollte der Platz nicht „überborden“!

Ein Wecker achtet auf die Zeit, so dass Du nicht auf die Uhr schauen musst.

Die Zeiten

Gut ist es, sich jeden Tag zur gleichen Zeit niederzulassen, um zu meditieren. Ggfs. stehst Du morgens etwas eher auf oder reservierst Dir für den Abend Zeit für die Übung. Anfangs reichen durchaus 5 Minuten am Tag! Später, wenn Du geübt bist, können es dann gerne 2 x 25 Minuten täglich sein. Mit den Jahren kann eine Sitzperiode auch auf 40 Minuten ausgedehnt werden, wenn keine körperlichen Beschwerden dabei auftreten!

Die innere Haltung

In der KONTEMPLATION sitzt Du ruhig und offen für alles, was geschieht. Hier musst Du nichts leisten. Alles ist Geschenk, Gnade. Du kannst loslassen. Loslassen heisst: zulassen, was immer da auch ist! Die Gedanken kommen und gehen, Du diskutierst nicht mit ihnen, sondern hälst sie der Stille hin. Liebevoll läßt Du Dich ein, lächelst Dir innerlich zu. Sei ganz im Atmen oder im Klang Deines Wort – so beginnt Deine Reise nach Innen…

Die Körperhaltung

Der Sitz auf dem Stuhl
Auch auf dem Stuhl kann man meditieren!

Je mehr man sich die Zeit dazu nimmt, umso mehr gewöhnt sich auch die Muskulatur an eine gute Haltung. Sollten anfangs Schmerzen auftreten, empfiehlt es sich, den Sitz etwas zu ändern. Es ist gut, wenn man sich eventuell 2-3 Sitzarten angewöhnt, sodass man dabei auch wechseln kann, was gut tut, gerade wenn man mehrere Male hintereinander sitzt.

Der Sitz auf dem Bänkchen
Auf dem Bänkchen

Das Wichtigste beim Sitzen oder Knien ist der sauber aufgerichtete Oberkörper. Nur eine aufrecht sitzende Körperhaltung, die längere Zeit regungslos bleiben kann, führt zur inneren Ruhe und hält auch gleichzeitig wach. Bei gekrümmtem Sitzen verkrampfen sich die Muskeln. Das aufrechte Sitzen erlaubt einen mühelosen Sitz, da Wirbel um Wirbel in der richtigen Stellung sind. Dabei kann auch über längere Zeitabstände bequem und regungslos durchgehalten werden.

Die Handhaltung
Empfangende Handhaltung

Die linke Hand liegt in der geöffneten rechten und die Daumen berühren sich zart. Die Zunge liegt gelöst im Mund. Die Augen sind etwas geöffnet und der Blick ruht – etwa im Winkel von 45 Grad – auf einem Punkt am Boden, ohne ihn zu fixieren. Der Atem geht ganz von selbst und soll so gehen, wie er gehen will – ist der Atem kurz, so ist er kurz; ist er lang, so ist er lang.

Es gibt verschiedene Arten des Sitzens und des Kniens. Der aufgerichtete Oberkörper ist dabei genauso zu beachten wie ein guter Bodenkontakt. Wer auf einem Stuhl sitzt, sollte die Oberschenkel waagrecht halten, wobei die Beine hüftbreit voneinander entfernt sind, und beide Fußsohlen direkt auf dem Boden aufstehen. Ob auf dem Kissen, auf den Wolldecken oder auf dem Meditationshocker, wichtig dabei ist der Kontakt mit dem Boden sowie der gleichzeitig korrekt aufgerichtete Oberkörper.

Nebst diesen Grundhaltungen der Meditation, ist es wichtig zu wissen, dass man in jeder Körperhaltung üben kann und darf. Gerade im Alter ist die Übung auf dem Stuhl die beste Art zu sitzen!

Unsere Übung in der Stille gilt es auch im Alltag zu leben: Der Alltag ist die eigentliche Übung!
Mittendrin ist es dabei hilfreich, immer mal wieder bewusst dem Atem zu folgen – dankbar einzuatmen, vertrauensvoll auszuatmen. Das göttliche Sein atmet uns, umgibt uns liebevoll von allen Seiten! So werden wir nach und nach befähigt, aus dieser Haltung heraus auch gesellschaftlich verantwortlich zu leben.

 

Die Reise nach Innen

Ich sitze hier vor Dir, Herr, aufrecht und entspannt,
mit geradem Rückgrat.
Ich lasse mein Gewicht senkrecht durch meinen Körper
hinuntersinken auf den Boden, der mich trägt.

Ich bin ganz da,
widerstehe dem Drang,
an jedem anderen Ort zu sein als an diesem hier.

Ich lasse los.
Ich sinke und versinke in Dir.
Du überflutest mein Wesen.
Du nimmst von mir Besitz.

Ich lasse meinen Atem
zu diesem Gebet der Hingabe werden.
Mein Atem, mein Ein- und Ausatmen,
ist Ausdruck meines ganzen Wesens.

Ich tue es für Dich –
mit Dir – in Dir.
Wir atmen miteinander…

(nach Dag Hammarskjöld)